Großer Kopf, Sigmar Polke
Sigmar Polke
Großer Kopf
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Sigmar Polke

Großer Kopf, 1979


Blatt
980 x 680 mm
Material und Technik
Pinsel in Acryl- und Wasserfarben, Farbkleckse auf einer geschnittenen Schablone aus Velinkarton, darunter ein zweiter Velinkarton bearbeitet mit Pinsel in pastosen Wasserfarben und Sprühtechnik in Blau und Schwarz
Inventarnummer
16730
Objektnummer
16730 Z
Erwerbung
Erworben 1989, Eigentum des Städelschen Museums-Vereins e.V.
Status
Nicht ausgestellt

Texte

Über das Werk

Dem Betrachter dieser komplexen Arbeit von Sigmar Polke erschließt sich nach und nach eine Verschränkung aus Motiven und bildnerischen Techniken. Der »Große Kopf« wirkt wie eingetaucht in eine irritierende Vielfalt an Farbsetzungen und Gestaltungseffekten, die erkennen lassen, wie der Künstler verschiedene Kunststile der Moderne, aber auch triviale Bildwelten zitiert und kalkuliert verfremdet.

Die beherrschende graue Erscheinung des Kopfes erweckt den Eindruck eines erschöpften Rebellen. Das Bild könnte aus einer Reportagephotographie der Tagespresse entwickelt sein. Zu erkennen ist ein junger Mann, der seine Haare unter einem Tuch trägt und den Kopf zur Seite geneigt hält. Seine Augen sind geschlossen und während er vor sich hin zu träumen scheint, hält er zwischen seinen Lippen eine Zigarette. Ein mögliches Traumbild, das Polke in das Gesichtsfeld eingefügt hat, wirkt wie ein ironischer Kommentar. Eine figürliche Szene schildert zwei junge Paare, die froh gestimmt an einem Tisch beisammen sitzen und sich erwartungsvoll einer Kellnerin zuwenden, die ihnen auf einem Tablett Cocktails serviert. Diese Illustration im Stil der 60er Jahre zeigt die sorgenfreie Freizeit im wirtschaftlich konsolidierten Nachkriegsdeutschland und diente Polke 1979 auch für einen Schablonendruck in seinem Gemälde »Drehung« (Deutsche Bank). Im »Großen Kopf« führte er dieses Bildzitat seitenverkehrt als Scherenschnitt aus. Diese Technik bricht die zweidimensionale Fläche auf und bietet konsequent, quasi als Blick in den Kopf, die darunterliegende Bildebene an. Zu sehen ist hier, wiederum als Zitat einer Zeichnung, der schablonierte, schwarze Umriss einer Hand, die eine geöffnete Schere hält – ein Verweis auf die eigene künstlerische Handlung. Dieses Detail steht in einem malerischen Bildzusammenhang, der durch kräftiges Blau angedeutet ist, das zusammen mit strahlendem Gelb und Rot auch an weiteren Stellen des Scherenschnittes aufscheint.

Der Betrachter ist in eine qualitativ andere Wahrnehmungsebene versetzt, denn er findet nun keinen Hinweis auf figürliche Abbilder der Wirklichkeit mehr, sondern eine Anspielung auf die zeitgenössische Kunst eines de Kooning. Die wässrig blauen Sprengsel, die melancholisch den Kopf verschleiern, der an Warhol erinnert, verweisen auf Sam Francis. Und die flächig ausgeführten unteren Ecken des Werkes in Gelb und Grün lassen an Farbfeldmalerei denken. Der spielerische Umgang Polkes mit den Stilrichtungen der amerikanischen Malerei und sein ironischer und dabei durchaus auch selbstironischer Blick auf Kunst und Gesellschaft bekräftigen die subtile Abgrenzung des deutschen Künstlers zur internationalen Zeitgenossenschaft.

Werkdaten

Basisdaten

Titel
Großer Kopf
Zeichner
Entstehungszeit
Objektart
Material und Technik
Pinsel in Acryl- und Wasserfarben, Farbkleckse auf einer geschnittenen Schablone aus Velinkarton, darunter ein zweiter Velinkarton bearbeitet mit Pinsel in pastosen Wasserfarben und Sprühtechnik in Blau und Schwarz
Material
Technik
Geografische Einordnung
Entstehungsgrund
Beschriftung zum Zeitpunkt der Entstehung
Signiert und datiert unten rechts (mit Bleistift): S. Polke / 79 [eingekreist]
Nachträgliche Beschriftung
Verso Stempel des Städelschen Kunstinstituts, Frankfurt am Main (Lugt 2356)
Wasserzeichen
  • Nicht geprüft

Eigentum und Erwerbung

Institution
Abteilung
Sammlung
Creditline
Städel Museum, Frankfurt am Main, Eigentum des Städelschen Museums-Vereins e.V.
Bildrechte
© The Estate Sigmar Polke, Cologne / VG Bild-Kunst, Bonn 2024, Foto: U. Edelmann
Erwerbung
Erworben 1989, Eigentum des Städelschen Museums-Vereins e.V.

Werkinhalt

Motive und Bezüge

Motivgattung
Motiv
Assoziierte Personen und Institutionen

Iconclass

Primär
Sekundär
  • 43B311(+21) Restaurant (+bedient werden (im Gasthaus etc.))
  • 41C3 gedeckter Tisch: Tafelgeschirr, Tafeldekoration etc.
  • 41C343 Tablett
  • 41A254 Garderobe, Kleiderschrank

Forschung und Diskussion

Provenienz

Objektgeschichte
Kunsthandel Deutschland
verkauft an den Städelschen Museums-Verein e.V., Frankfurt am Main, 1989.

Informationen

Seit 2001 erforscht das Städel Museum systematisch die Herkunft aller Objekte, die während der NS-Zeit erworben wurden bzw. in diesem Zeitraum den Besitzer wechselten oder gewechselt haben könnten. Grundlage für diese Forschung bildet die 1998 auf der „Konferenz über Vermögenswerte aus der Zeit des Holocaust“ in Washington formulierte „Washingtoner Erklärung“ sowie die daran anschließende „Gemeinsame Erklärung“ von 1999.

Die Provenienzangaben basieren auf den zum Zeitpunkt ihrer digitalen Veröffentlichung ausgeforschten Quellen. Sie können sich jedoch durch neue Quellenfunde ändern. Daher wird die Provenienzforschung kontinuierlich durchgeführt und in regelmäßigen Abständen aktualisiert.

Die Provenienzangabe eines Objekts dokumentiert im Idealfall dessen Herkunft vom Zeitpunkt seiner Entstehung bis zu seinem Eingang in die Sammlung. Sie enthält – sofern bekannt – die folgenden Informationen:

  • Art der Erwerbung bzw. Art des Besitzerwechsels
  • Name und Wohnort des Besitzers
  • Datum des Besitzerwechsels

Die aufeinanderfolgenden Besitzvorgänge werden jeweils durch einen Absatz voneinander getrennt.

Lücken in der Überlieferung einer Provenienz werden durch den Platzhalter „ …“ dargestellt. Ungesicherte Informationen sind in eckige Klammern gesetzt.

Bei Fragen und Anregungen wenden Sie sich bitte an .

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Letzte Aktualisierung

13.03.2024