Der um 1498 in eine Brescianer Künstlerfamilie geborene Alessandro Bonvicino, genannt Moretto da Brescia, wird 1514 erstmals historisch fassbar. Seine künstlerischen Anfänge liegen im dunkeln, doch wird man vielleicht von einer ersten Ausbildung bei seinem Vater ausgehen können, woran sich möglicherweise ein Aufenthalt in Venedig oder Padua anschloss. Morettos frühestes erhaltenes, urkundlich bezeugtes Werk sind die Außenseiten der Orgelflügel im alten Dom in Brescia, für die er im November 1516 bezahlt wurde. Bereits sie zeigen den Einfluss Romaninos, mit dem der Maler in den frühen 1520er Jahren an der Ausmalung der Sakramentskapelle in S. Giovanni Evangelista in Brescia zusammenarbeiten sollte.
Schon im Jahre 1517 hatte Moretto an einer Versammlung lokaler Maler in der Kirche S. Luca in Brescia teilgenommen und bald nach 1520 war er endgültig als Künstler in seiner Heimatstadt fest etabliert, wie an seinen regelmäßigen Nennungen in den städtischen Archiven ebenso ablesbar ist wie an seinen dokumentierten Werken. 1528/29 reiste Moretto auf Einladung Lorenzo Lottos nach Bergamo, um dessen Arbeiten an den Intarsien des Chorgestühls in S. Maria Maggiore fortzusetzen, wobei der mögliche Anteil des Brescianer Künstlers hieran unklar geblieben ist.
Auch wenn Moretto Brescia aufs engste verbunden blieb - er erwarb dort 1533 ein Haus - und er für die Kirchen der Stadt und ihres Umlandes zahlreiche Altarbilder schuf, so reiste er doch wiederholt in die benachbarten Städte, ohne dass überliefert ist, welche konkreten Arbeiten er dort ausführte: Ende 1530 und erneut 1541 war er in Mailand, 1535 hielt er sich am Hof der Isabella d'Este in Solarolo auf.
War Morettos Kunst in den 1530er Jahren vor allem durch die Verbindung von lombardischem Realismus und venezianischem Licht sowie kühl-silbrigem Kolorit bestimmt, was er zu einem unverwechselbaren Personalstil verschmolz, so wurden nachfolgend vor allem die Anforderungen der Gegenreformation für seine Kunst bestimmend: Auch aus der Distanz gut erkennbare, statische Kompositionen, die auf erzählerisches Beiwerk verzichten, sollten die Glaubenswahrheiten der katholischen Kirche vermitteln (so lieferte Moretto in den 1540er Jahren allein vier Altarbilder, die die Eucharistie verherrlichen).
Die offenbar große Nachfrage, auf die seine Werke stießen, hatte eine Ausweitung der Werkstattmitarbeit zur Folge, was trotz der Anwesenheit so bedeutender Maler wie des jungen Giovanni Battista Moroni bei zahlreichen Gemälden zu einer Minderung der künstlerischen Qualität, zumindest aber einer erkennbaren stilistischen und handschriftlichen Uneinheitlichkeit geführt hat.
Neben seiner Tätigkeit als Maler von Altarbildern trat Moretto auch als erfolgreicher Porträtist hervor.