Tête abîmée, Wols
Wols
Tête abîmée
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Wols

Tête abîmée, ca. 1944


Blatt
170 x 123 mm
Material und Technik
Feder in schwarzer Tusche, Aquarell und weiße Lasur auf rosa meliertem Vergépapier, Spuren einer Umfassungslinie in weißer Kreide
Inventarnummer
SG 3385
Objektnummer
SG 3385 Z
Erwerbung
Erworben 1987
Status
Kann im Studiensaal der Graphischen Sammlung vorgelegt werden (besondere Öffnungszeiten)

Texte

Über das Werk

Es ist ein merkwürdiges Gebilde, das der Künstler Wols mit Akribie und poetischem Gespür aufs Papier brachte. Was auf den ersten Blick wie die detailgetreue Wiedergabe eines organisch strukturierten Fundstückes anmuten könnte, gleicht eher einer halluzinierten Wucherung, die allein der künstlerischen Phantasie zuzurechnen ist. Feinste, mit der Tuschfeder gezogene Linien beschreiben diese biomorphe Gestalt auf einer nur handtellergroßen Blattfläche. Sie bilden ein Gespinst, das im Detail, aus der Nähe betrachtet, wie ein Mikrokosmos wirkt, den der Verfallsprozess des Alterns gezeichnet hat. Diverse unregelmäßig geschlossene Durchbrüche und Spalten wirken wie längst verheilte Verletzungen eines wulstigen Gewebeverbundes, dessen Äußeres durch ein vielfältig strukturiertes Netzwerk aus Linien geschildert ist. Um eine kratergleich verdunkelte Vertiefung ist eine Ansammlung kleinster Bläschen auszumachen, die Leben suggerieren. Vereinzelt schweben sie am Umriss der Figur im unbestimmten Nichts. Hier zeichnen sich auch einige der zahlreich wachsenden Härchen wie schwerelos bewegte Fäden ab, die so die Geschlossenheit der Gestalt betonen, deren äußere Form durch einen zusammenfassenden Kontur begrenzt ist. Mit Aquarellfarben gab der Künstler dem Papier eine leichte hellrote Tönung und verlieh seinem seltsamen Organismus durch zartes Blau, Gelb, Grün und Rot ein fluoreszierendes Eigenleben.

Diese Zeichnung von Wols entstand während seines Aufenthaltes in Dieulefit bei Montélimar im Süden Frankreichs, wohin der Künstler Ende 1942 vor den deutschen Besatzungstruppen geflohen war, und wo er bis 1945 in ärmlichen Verhältnissen lebte. Der in Berlin geborene, musisch begabte und naturverbundene Alfred Otto Wolfgang Schulze nahm 1937 das Pseudonym Wols an. Bereits 1932 war er nach Paris gekommen, wo er zunächst als Photograph sein Auskommen suchte. Seine Zeichnungen der späten 30er Jahre, Federzeichnungen, zu denen das Aquarell als kolorierendes Medium hinzutritt, entstanden unter den Einflüssen des Surrealismus. Nach phantastischen figürlichen Szenen und paradoxen Welten fand er Anfang der 4oer Jahre in seinen Zeichnungen zu einer präzisen, ungegenständlichen Formensprache, die jedoch spürbar der Naturerfahrung verbunden bleibt.

Die tachistischen Gemälde von Wols, die für die Entwicklung der europäischen Malerei der Nachkriegskunst von großer Bedeutung sind, entstanden erst seit 1946, in den letzten Jahren seines kurzen Lebens. Titel zu seinen Werken, die der Künstler weitgehend vermied, wurden posthum vergeben.

Werkdaten

Werkinhalt

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Letzte Aktualisierung

10.09.2024